Teilhabe ohne Sprache funktioniert nicht! Für Schülerinnen und Schüler, die aus einem anderen Land zu uns kommen und die kaum Deutsch sprechen können, wird für eine erfolgreiche Schullaufbahn zu wenig getan, auch in Braunschweig. Sie werden nur unzureichend ihren Begabungen und Bedürfnissen entsprechend gefördert werden. So sieht die Situation für diese Schülerinnen und Schüler aktuell in der Regel in Braunschweig und Niedersachsen aus: Sie erhalten einen dreimonatigen Sprachkursus und werden dann auf die Schulen verteilt. Sie haben dann zwei Jahre Zeit, Deutsch zu erlernen und werden danach genau wie alle anderen Mitschülerinnen und Mitschüler bewertet.
In diesen zwei Jahren findet aber nur an wenigen Schulen weiterer Sprachunterricht statt. Besonders hart ist dies für Jugendliche ab 13 Jahren, da sie wenig Zeit haben, die Sprache auf Abschlussarbeitsniveau zu erlernen. Sie befinden sich sechs Stunden pro Tag in einer Unterrichtssituation, die sie wegen mangelnder Sprachkenntnisse oft überfordert und so demotiviert. Hinzu kommt, dass bei Kindern und Jugendlichen, die aus Kriegsgebieten kommen, meistens unverarbeitete Traumata das Lernen hemmen. Die jeweiligen Lehrkräfte haben im normalen Unterrichtsgeschehen nicht die Zeit, sich so intensiv um sie zu kümmern, dass ein erfolgreicher Spracherwerb möglich ist. Daher schaffen nur die wenigsten unter diesen Bedingungen einen Abschluss.
Es ist erforderlich, dass der unbegleitet aus Afghanistan gekommene Jugendliche in der 8. Klasse die Möglichkeit erhält, Deutsch so zu erlernen, dass er in zwei Jahren in einer 10. Klasse wirklich mitarbeiten kann und die Chance auf einen guten Abschluss bekommt. Dies ist aber nur zu erreichen, wenn es in Schulen wieder zweijährige Sprachlernklassen gibt, in denen individuell gefördert werden kann. Solche Sprachlernklassen sind ein Schutzraum. Sie bieten den ausländischen Jugendlichen Sicherheit, weil ihre Mitschülerrinnen und Mitschüler alle in der gleichen Situation sind und sich in einer neuen Kultur und Sprache zurechtfinden müssen. Angesichts weiterer zu uns kommender geflüchteter Kinder und Jugendlicher sind Sprachlernklassen für alle Schulformen erforderlich.
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